en-Regionale Tageszeitungen weiter unter Druck
Zeitungsredaktionen werden dramatisch verkleinert oder aufgegeben als Folge ständig rückläufiger Auflagen der verkauften Tageszeitungen. Davon sind auch in erheblichem Maße die regionalen Zeitungen betroffen, die 60 Prozent der Gesamtauflage der deutschen Tageszeitungen repräsentieren. Die Ursachen dafür liegen zum einen im Konkurrenzdruck durch das Internet, zum anderen auch in der sich wandelnden Demographie. So wohnt der typische Zeitungsleser in einem Zwei- oder Mehrpersonenhaushalt, wohnt nicht in einer Metropole und wechselt seinen Wohnort nur selten. Dem gegenüber setzt sich der Trend zu Single-Haushalten in wachsenden Großstädten bei sinkender Bevölkerungszahl fort. Insbesondere sind es die jüngere Generation, die sich von der Tageszeitung abwenden und ihr Informationsbedürfnis aus den sozialen Medien stillen.
Während also die soziodemographischen Merkmale der Leserschaft sich recht klar beschreiben lassen, liegt die Motivstruktur derjenigen, die sich für den Kauf einer Regionalzeitung entscheiden, häufig im Verborgenen. Um diese offenzulegen führte der Lehrstuhl für Marketing I an der Universität Mainz gemeinsam mit der Strategieberatung 2hm & Associates GmbH vor einiger Zeit eine Studie durch.
Das Augenmerk richtete sich auf die Klärung folgender Fragen: Welches Motive haben Leser, wenn sie sich für den Kauf einer regionalen Tageszeitung entscheiden? Welches sind die relevanten Faktoren für Verbraucher eine gedruckte Zeitung zu kaufen?
Überregionale Zeitungen und Internet als Substitut
Lokale und regionale Zeitungen werden zu 91 Prozent über Abonnements vertrieben. Entscheidend ist es deshalb die gebundenen Kunden durch das tägliche Angebot mit regionalem Bezug zu Wirtschaft, Politik, Kultur und Sport der Zeitungsausgaben zufriedenzustellen. Zusätzlich sollte das Online-Angebot attraktiv in Bezug auf überregionale Informationen ausfallen. Letztlich können dadurch die Nutzungsabsicht erhöht und soziale Wechselbarrieren aufgebaut werden.
Den wichtigsten Einfluss auf die Zufriedenheit der Leser einer Tageszeitung übt der regionale Politik- und Wirtschaftsteil aus. Durch Informationen über das lokale Geschehen möchte der Leser an seinem Umfeld teilhaben. Wie im Rahmen einer Befragung von Zeitungslesern ermittelt wurde, spielt die überregionale Zeitung als Substitut zur Lokalzeitung durchaus eine entscheidende Rolle.
Überleben durch regionale Konzentration
Vor einigen Jahren mussten die Eigentümer des "Darmstädter Echo", die Standardtageszeitung für Südhessen, feststellen, dass ein Überleben mit dem vorhandenen Auftritt nicht mehr möglich ist. Es folgte vor drei Jahren die Übernahme durch die Verlagsgruppe RheinMain. In diesem Verbund und mit einem größeren Verbreitungsgebiet konnten die Synergieeffekte genutzt werden, um die Anforderungen an eine regionale Tageszeitung aufrechterhalten zu können.
Wie der Chefredakteur Lars Hennemann in seinem Vortrag vor den Mitgliedern des Marketingclubs Südhessen am 21. August 2017 berichtete, ist man mittlerweile durch die erreichte Integration des Darmstädter Echos in die Gruppe auch finanziell erfolgreich. Insbesondere das digitalisierte Angebot erweist sich als Wachstumstreiber.
Regionale Tageszeitungen besitzen mittlerweile ein Monopol in ihrem Verbreitungsgebiet, was keine Messung zu einem Wettbewerber ermöglicht. Dieser Mangel führt und dies zeigt die Vergangenheit mitunter zu einer Trägheit im Tagesgeschäft. Die auftretenden Probleme werden oft auf das allgemeine veränderte Nutzungsverhalten der Leser geschoben, nicht jedoch auf die nicht vorhandene Kundenbindung. Hier wären kreative Maßnahmen gefragt, die mitunter interaktiv zwischen Leser und Tageszeitung gestaltet werden können.
Regionale Zeitungen mit Kundenorientierung zum Erfolg
Überregionale Zeitungen versuchen mit weitreichenden Marketingmaßnahmen der Auflagenverluste und damit der sinkenden Umsatzerlöse entgegen zu wirken. Beispielhaft sei hier der: Aufbau einer Markenstrategie, die Leserblattbindung durch Mehrwertangebote für Abonnenten oder variable Abonnementangebote genannt. Immer noch haben einige regionale Zeitungen dagegen bislang keine Strategie entwickelt, um zumindest ihre Marktposition zu halten. Es besteht bei diesem Versäumnis auch die Gefahr, durch das kostenlose Informationsangebot im Internet oder mit Anzeigenblättern langjährige Leserbindungen zu verlieren. Es empfiehlt sich daher den Aufbau eines Kundenbeziehungsmanagements als einen wesentlichen Schritt zur Kundenorientierung. Dies schließt vor allem Interaktionen in den sozialen Medien mit ein. Damit kann letztlich die Kunden- und Leserloyalität gesteigert und Abwanderungen entgegengewirkt werden.